Verjährung von Urlaub nur nach Hinweis

Urlaub verjährt nur, wenn Unternehmen vorher ihre Beschäftigten darauf hingewiesen haben, dass ihnen Urlaub zusteht, der bei fehlender Inanspruchnahme verfällt, so das BAG in seiner Grundsatzentscheidung vom 20.12.2022 – 9 AZR 266/20.

Fehlt es hieran, können auch noch Ansprüche aus früheren Jahren geltend gemacht werden. Auf die regelmäßige dreijährige Verjährung für Ansprüche aus dem Arbeitsrecht können sich Arbeitgeber in diesen Fällen nicht berufen.

Damit setzt das BAG nicht überraschend die Entscheidung des EuGH vom 22.09.2022 um. Ausgangspunkt war, dass eine Arbeitnehmerin, die aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist, noch die Abgeltung von 101 Urlaubstagen aus dem Jahr 2017 und den Vorjahren geltend machte und er Arbeitgeber sich auf Verjährung berief.

Nach deutschem Urlaubsrecht wäre die Rechtslage klar: Urlaub, der im aktuellen Kalenderjahr nicht genommen wird, verfällt mit dem Ende des Kalenderjahres, spätestens aber zum 31.3. des Folgejahres (§ 7 Abs. 3 BUrlG). Noch bestehender Urlaub, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht beansprucht werden konnte, ist auszuzahlen (§ 7 Abs. 4 BUrlG).

Bereits 2018 hatte der EuGH entschieden, dass Urlaub nur verfallen könne, wenn Arbeitnehmer von ihrem Arbeitgeber „durch angemessene Aufklärung tatsächlich in die Lage versetzt wurden“, den Urlaubsanspruch auch wahrzunehmen. Das BAG setzte diese Entscheidung im Folgejahr (Urt. v. 19.2.2019, Az.: 9 AZR 423/16) um und verlangte eine arbeitgeberseitige Hinweis- und Aufklärungs-pflicht als Obliegenheit eines Arbeitgebers. Nur, wenn der Arbeitgeber diese erfülle, könne Urlaub nach den Vorgaben des BUrlG verfallen.

Da der Arbeitgeber im vorliegenden Fall die Hinweispflichten nicht erfüllt hatte, schied ein Verfall des Urlaubs hiernach aus. Mit der Einrede der Verjährung konnte sich der Arbeitgeber nicht durchsetzen. Das BAG sagt zwar, dass der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub der gesetzlichen dreijährigen Verjährung unterliege, die „dreijährige Verjährungsfrist aber erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat“, beginnt. 

Unternehmen müssen daher einerseits, wenn sie die ihnen vor 2019 noch überhaupt nicht bekannten Hinweispflichten nicht erfüllt haben, im Streitfall darlegen und beweisen, wie sie z.B. einen Urlaubsanspruch aus dem Jahr 2012 durch Gewährung erfüllt haben. Gelingt dies nicht, werden sie zur Zahlung verurteilt. Selbst bereits ausgeschiedene vormalige Beschäftigte, die vor Anerkennung der Hinweispflichten ausgeschieden sind, könnten nunmehr noch die Abgeltung älterer Urlaubsansprüche geltend machen. Davor werden auch arbeits- und tarifvertragliche Ausschluss-fristen nicht schützen.

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